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Nachruf (Obituary): Ao. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Harald R. Bolhàr-Nordenkampf

12.12.2024

Harald R. Bolhàr-Nordenkampf, Professor für Anatomie und Physiologie der Pflanzen, ist am 01.12.2024 im 83. Lebensjahr von uns gegangen.

Harald R. Bolhàr-Nordenkampf, von Freunden, Uni-KollegInnen, seinen vielen DiplomandInnen und DissertantInnen stets als Harry angesprochen, war im In- und Ausland ein begeisterter Lehrer.

Er erhielt 1976 seine Venia Docendi und 1983 die Berufung zum Außerordentlichen Professor für Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Universität Wien. Sein großer Forschungsschwerpunkt war die angewandte Pflanzen-Ökophysiologie. Als Abteilungsleiter für Pflanzenphysiologie und Primärproduktion am damaligen Institut für Pflanzenphysiologie der Universität Wien und als Leiter der gärtnerischen Einrichtungen – Versuchsgarten Augarten und Klimastufenhäuser im Biozentrum Althanstraße - legte er auch in der Lehre einen starken Fokus auf die gärtnerische Ökophysiologie. Die Vorlesungen und Übungen in diesem Bereich wurden von den Studierenden mehr als gut besucht, stets bestens evaluiert – man könnte sagen geliebt. Diese Lehrveranstaltungen werden bis dato sehr erfolg-reich von seinen ehemaligen MitarbeiterInnen weitergeführt, was ihn stets sehr gefreut hat.

Seine Forschungsarbeiten und Publikationen über Photosynthese und Bioproduktivität, Elektronentransport and Chlorophyllfluoreszenz, Gasstoffwechsel und Kohlenstoffverteilung wurden international anerkannt. Harry beschäftigte sich bereits in den 1970er Jahren mit der Stressphysiologie von Pflanzen – Trockenstress, „Waldsterben“, dem Einfluss von UV-B und Ozon auf die Pflanzen-Fitness, den Interaktionen von Pflanzen in natürlichen und anthropogen veränderten Lebensräumen. Ab Mitte der 1990er Jahre stand bereits der Klimawandel und hier die Auswirkungen von erhöhten CO2-Konzentrationen auf Pflanzen im Vordergrund seines Forschens und Lehrens.

Eine wirkliche Herzensangelegenheit war ihm auch die Entwicklungszusammenarbeit. Als Lektor und Konsulent des UN Environment Programme (UNEP) war er mit Trainingskursen und Forschungsaufenthalten in Nairobi (Kenia), Madurai (Südindien), Saltillo, México City (México), Fortaleza und Manaus (Brasilien), Buenos Aires (Argentinien), Shanghai, Hongzhou, Miao Shan valley (China), Lucknow (Indien), Barbados, Harare (Zimbabwe) und Maun (Botswana).

Die langjährigste und intensivste Kooperation hatte Harry mit Thailand. Er absolvierte ca. 40 Besuche mit Vorlesungen, Exkursionen, Trainingskursen – auch mit Beteiligung österreichischer und slowenischer Studierender – und Mitarbeit in sogenannten „Königlichen Projekten“, die von
thailändischen Universitäten und Forschungseinrichtungen sehr geschätzt und durch ein Ehrendoktorat gewürdigt wurden.

Zwei weitere wichtige Kooperationen waren jene mit der University of Queensland und des CSIRO Cunningham Laboratories (Brisbane, Australien). Er verbrachte dort ein Forschungsfrei-semester mit einer Gastprofessur und im Gegenzug kam eine Gastprofessorin nach Wien. Diese Kooperation führte auch dazu, dass eine unvergessliche, fast sechswöchige, sogenannte „Großexkursion“ mit österreichischen Studierenden quer durch Australien und Neuseeland durchgeführt werden konnte. Er setzte sich stark für eine Förderung seitens der Universität Wien ein und verzichtete auf ein Honorar der Sommerhochschule, so dass diese Exkursion für die StudentInnen leistbar wurde.

Auch eine Kooperation mit der berühmten amerikanischen Smithsonian Institution (SERC) führte zu einer Gastprofessur in Harrys damaligen Department. Einer der seinerzeit renommiertesten Forscher des SERC (Maryland und Florida) auf dem Gebiet des Klimawandels durch ansteigende CO2-Konzentrationen und den pflanzlichen Reaktionen darauf kam für mehrere Monate nach Wien. Diese Zusammenarbeit ermöglichte in weiterer Folge auch Studierenden Aufenthalte am SERC.

Natürlich gab es auch zahlreiche Kooperationen in Europa, wie der ETH-Zürich, der Faculty of Horticultural Science in Budapest oder der Universität Marburg (Slowenien), der er auch nach seinem Ruhestand noch verbunden blieb.

Einige weitere Funktionen und Auszeichnungen sollen noch kurz genannt werden:

  • Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pflanzenphysiologie (ÖAPP) und des Vereins zur Förderung der Pflanzenwissenschaften;
  • Mitglied der Kommission für Entwicklungsfragen (KEF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften;
  • Mitglied der Kommission für Naturwissenschaften der Österreichischen UNESCO-Kommission;
  • Senatsbeauftragter für die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Universitäten in Südostasien sowie Beauftragter der Universität Wien für das ASEA-UNINET;
  • Verleihung der goldenen Purkinje-Medaille der Universität Prag, Tschechoslowakei;
  • Ehrenmitglied des Verbands der Ungarischen Pflanzenphysiologen an der dortigen Akademie der Wissenschaften;
  • Ehrendoktorwürde des King Mongkut‘s Institute of Technology, Bangkok, Thailand;

Seine auf den Punkt gebrachten Fragen nach Vorträgen, denen er scheinbar leicht dösend zugehört hat, haben nicht nur die Referierenden in Erstaunen und Bewunderung versetzt. Sie zaubern sicher allen bei der Erinnerung daran ein Lächeln ins Gesicht – ganz in seinem Sinne.


Margit Helene Meister

Dezember 2024